Die Bassariden - Notizen zum Regieentwurf

An Henzes Feststellung, dass bei den Bassariden auch die Frage nach Freiheit und Unfreiheit, nach Revolte und Revolution gestellt werden muss, kann man sich nicht völlig vorbeimogeln; auf der anderen Seite aber verbietet sich jede tagespolitische Aktualisierung. Entscheidend ist, dass die Oper Henzes letztes „bürgerliches“ Bühnenwerk war, bevor er in der 68er-Bewegung seine politischen und gesellschaftskritischen Themen fand. Er selber spricht in diesem Zusammenhang von seinen Ängsten endgültig zum Establishment zu gehören: „Mich schauderte bei dem Gedanken und bei der Aussicht darauf, dass dieses Missverständnis dauern könnte. Vielleicht habe ich, um es zu beseitigen, ganz instinktiv meine Sympathie und meine Solidarität mit diesen jungen Deutschen (gemeint ist die 68er-Bewegung) bekundet, die handeln, die Welt anders sehen, sie wirklich verändern wollen. Sie waren und sind für mich der größte Augenblick von Hoffnung.“

Ein Ansatzpunkt, der es ermöglicht, Henzes persönliche und künstlerische Erfahrung in den Stoff und seine Darstellung mit hinein zu beziehen, geht es doch um den unauflöslichen Widerspruch von Repression und Freiheit, die zur erneuten Entmündigung führt: „Wir sehen nicht, wir hören nicht, wir knien und beten an.“ Verehrt wird also, was nicht zu begreifen ist. Die Revolution mündet in ein neues Dogma. Die MEnschen sind wieder blind und unwissend wie zuvor und bereit, sich in ein neues Verderben führen zu lassen: Ängste und Gefahren entstehen aus der Veränderung ihrer Arbeitswelt. Sie durchschauen nicht ihre Manipulierbarkeit durch Computer und Datenverarbeitung und die zur Passivität führenden Medien. Sie reagieren hilflos auf die Herausforderungen von Naturzerstörung, Dritter Welt und atomarer Bedrohung. Ihre Ängste treiben sie in die Arme von Sekten, Gauklern, Esoterikern und New Age Stylisten.

In diesem Zusammenhang und mit dieser Frage konfrontiert, Wehrt sich Henze gegen den Vorwurf, ihn habe die Konterrevolution nie erreicht: „Ich habe meine politische Arbeit fortgesetzt und einen Weg für mich gefunden, aus dem, wie mir scheint, mein politisches Denken und Fühlen, mein Gesellschaftliches Bewusstsein, wie man sagt, fortwirken konnte. Montepulciano ist für mich die Antwort...“
Ihm ist es stets darum gegangen, den Menschen Mut zum Widerstand zu machen, zur Verteidigung seiner Rechte, wie z.B. wir es in dem Kind sehen, das seine Puppe am Fuss des Grabes zerschlägt und auf- und abspringt vor Freude. Auch ein Akt des Widerstandes und der Befreiung, so wie Orpheus am Ende des Orpheus-Ballettes von Bond seine Leiter zerschlägt und aus Verzweiflung gegen Apoll nicht anzukönnen. Henze dazu: „Damit erhebt sich (Orpheus) wider den Herrschenden, auch gegen ein Herrschaftssystem. Ganz zwangsläufig muss sich Apollo einsetzen... Was wird Apollo tun? Wahrscheinlich wird er auf Rache sinnen, so wie das immer ist. Wehrt sich einer, kriegt er es hinterher noch ärger. Es braucht manchmal etwa lange, bis sich auf der anderen Seite, der Seite der Unterdrückten, neue Proteste, neue Widerstände entwickeln. Der Widerstand ist das Wichtigste. Er ist für mich die Gesellschaftliche Aufgabe... “

  1. Die Inszenierung


  2. Regieentwurf Teil 12


  3. Ausschnitt 1 und 2